Leuchtkraft, Humor und gute Arbeitsbedingungen. Die 43. Fortbildung für Pflegende

Leuchtkraft, Humor und gute Arbeitsbedingungen. Die 43. Fortbildung für Pflegende

Die Gesellschaft muss sich die Frage stellen, was ihr eine professionelle Pflege wert ist und Arbeitgeber müssen regelmäßig reflektieren, was sie besser machen können, um gutes Pflegepersonal zu bekommen. Auf der 43. Fortbildung für Pflegende wurde u.a diskutiert, inwieweit sich die Rahmenbedingungen in den Helferberufen verbessert haben und woran gute Arbeitgeber zu erkennen sind.

Joachim Prölß, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stiftung eröffnete die 43. Fortbildung für Pflegende und wies darauf hin, dass man die Handys griffbereit halten solle, nicht um zu datteln, sondern um die Fragen via Slido beantworten zu können. Zu der Abstimmungs-App gelangten die Teilnehmer*innen ganz einfach über QR-Codes, die im Saal und im Foyer zur Verfügung standen. Die erste Frage, die als warmup von Joachim Prölß an die Teilnehmenden via Slido gestellt wurde, war:

  • Aus welchem Grund nehmen Sie an der heutigen Fortbildung für Pflegende teil?
    Das Ergebnis war eindeutig: die Teilnehmer*innen waren gekommen, um etwas neues zu lernen.

Interaktiv war die Veranstaltung jedoch nicht nur auf technischer Seite, sondern auch auf physischer. So bat Joachim Prölß zu Beginn erst einmal alle Auszubildenden im Saal kurz aufzustehen und begrüßte diese noch einmal besonders, indem er dazu aufrief, dass sie sich selbst dazu applaudieren könnten, dass sie bereits an der Fortbildung teilnehmen. In diesem Zusammenhang betonte er, dass die Veranstaltung in Kassel immer schon eine Tagung gewesen sei und immernoch ist, die besonders Auszubildende anziehe. Auch dieses Mal waren wieder ganze Schulklassen zur Tagung angereist, eine sogar aus Halle (Saale).

Ein besonderer Dank ging auch an die Auszubildenden der Gesundheit Nordhessen, die vorab einen großen Fragenkatalog für die Podiumsdiskussion eingereicht haben.

Haben sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren verbessert?

Mit dieser Frage wurde der Vortrag von Staatsekretär Andreas Westerfellhaus via Slido eingeleitet.

Das Ergebnis der Umfrage war, dass sich die Bedingungen während der Pandemie nicht verbessert haben, sondern im Gegenteil besonders die Belastungen durch das Masketragen und die zusätzlichen Hygienemaßnahmen gestiegen sind.

Es ist nicht das Problem des Berufes der Pflegenden, der unattraktiv sei, sondern es seien die Rahmenbedingungen unter denen die Pflegenden aller Sektoren arbeiten müssen, die unattraktiv sind, so Westerfellhaus.

48% der Pflegenden, die ihren Job aufgegeben haben, würden laut Studien in den Beruf zurückkommen, wenn sich die Rahmenbedingungen deutlich verbesserten. Deshalb plädiert der Staatssekretär weiterhin dafür, dass sich diese Rahmenbedingungen ändern. Westerfellhaus selbst würde den Beruf des Krankenpflegers immer wieder ergreifen, da es ein schöner Beruf sei, und sieht sich auch immernoch, trotz seiner bereits langen Tätigkeit als Berufspolitiker und Staatssekretär als Kollege und somit auf Augenhöhe der Pflegenden und begrüßt die Tagungsgäste deshalb auch als Kolleginnen und Kollegen.

Westerfellhaus sprach in seinem Vortrag darüber, was einen guten Arbeitgeber ausmache und woran man ihn erkenne. Dabei betonte er, dass die Begriffe Mindestlohn und professionelle Pflegeleistung seiner Meinung nach nicht zusammen in einen Satz gehörten, sondern Tarifverträge und faire Bezahlung.

Arbeitnehmer, so der Staatssekretär, suchten eine Beschäftigung, wo sie fair entlohnt werden, wo die Arbeitszeiten mit dem Privatleben vereinbar seien und wo hoch qualifizierte Führungskräfte ihr Handwerk verstünden. Viele Arbeitgeber haben das bereits umgesetzt, so Westerfellhaus, das habe er deutschlandweit beobachten können.

Auf die Frage, wie man einen guten Arbeitgeber erkennt, gab er den Pflegenden und besonders den Auszubildenden folgende Punkte an die Hand, die sie in einem Bewerbungsgespräch stellen sollten:

  • Gibt es regelmäßige Fortbildungen für die Beschäftigten?
  • Welche Möglichkeiten bieten sie mir im Rahmen der Personalentwicklung?
  •  Gibt es transparente Regelungen für die Dienstplangestaltung?
  •  Nach welchem Tarifvertrag wird bezahlt?
  •  Wie ist die Vertretung geregelt? Gibt es Ausfallkonzepte?
  •  Wie ist die Einarbeitungsphase und gibt es ein Einarbeitungskonzept?
  •  Wie ist die Dokumentation und Kommunikation geregelt? Analog oder digital?

Westerfellhaus betont, dass der Fachkräftemangel den Pflegenden in die Karten spiele und appelliert, dass sie diese Chance nutzen sollen, jetzt wo die Gesellschaft wisse, dass eine professionelle Pflege so wichtig sei. Sie sollten sich trauen, Maßnahmen einzufordern und sich in Pflegegewerkschaften zu organisieren, denn die Politik allein könne immer nur den Rahmen vorgeben, engagieren müssten sich die Arbeitnehmer*innen selbst.

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel sind gute Arbeitsbedingungen die Maßnahme, so Westerfellhaus. Für diese Arbeitsbedingungen sieht er die Arbeitgeber in der Pflicht. Die eigenen Arbeitsbedingungen müssten von den Einrichtungen immer wieder neu überdacht und überarbeitet werden, damit man als Betrieb gute Leute bekommt und somit auch eine gute Pflege anbieten kann. Man könne Personal nicht einfach mal so nebenbei führen, so Westerfellhaus weiter.

Wenn in Deutschland die beruflichen Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe attraktiver gemacht werden, davon ist Westerfellhaus überzeugt, kämen auch internationale Pflegekräfte nach Deutschland, aus Ländern, in denen die Pflege einen höheren Stellenwert erfährt als hier.

Zu den Rahmenbedingungen, so der Staatssekretär weiter, gehörten aber auch, dass es genügend Lehrkräfte für die Ausbildung und die Praxisanleitung geben müsse, da Praxisanleitung einen sehr hohen Stellenwert habe. Es könne nicht sein, dass es einige Ausbildungsstellen gibt, die im Herbst keine neuen Stellen anbieten konnten, da es nicht genügend Pädagog*innen gibt, die diese ausbilden können, da die Lehrkräfte von anderen Unternehmen abgeworben worden seien, so Westerfellhaus.

Die Politik hat sich dafür eingesetzt, dass Tarifverträge refinanziert werden, es müssten aber auch diejenigen, die die Tarifverträge ausgehandelt haben, sich dafür einsetzen, dass diese eingehalten werden.

Der Staatssekretär kritisierte das weit verbreitete Kästchendenken, das es im deutschen Gesundheitssystem gäbe. Die Denkweise: das ist mein Bereich und das ist dein Bereich, führe nicht zu einer guten Patientenversorgung. Wie dieses Kästchen- oder Sektorendenken mithilfe des Rahmenvertrages zum Entlassmanagement aufgehoben werden könne, zeigte Helmut Zeilfelder.

 

Der größte Pflegedienst Deutschlands sind die pflegenden Angehörigen

Von 4,5 Millionen Pflegebedürftigen leben nur knapp 1 Millionen in vollstationären Pflegeeinrichtungen. Die absolute Mehrheit wohnt in ihrem eigenen Zuhause und nur wenige werden von ambulanten Pflegediensten versorgt. Somit ist laut Westerfellhaus der größte Pflegedienst Deutschlands die pflegenden Angehörigen. Auch deren Bedürfnisse dürfen, so Westerfellhaus, nicht aus dem Blick geraten. Sie brauchen mehr Unterstützung und Entlastungen sowie unbürokratische Leistungen, die sie nach ihren Bedürfnissen einsetzen können.

Die Botschaft, die Andreas Westerfellhaus den Tagungsteilnehmer*innen mit auf den Weg geben will, ist, dass zwar viel über Probleme gesprochen wird, aber dass das kein Grund sei, depressiv zu werden. „Die Probleme sind lösbar. Aber wir müssen die Analysen aus den vergangenen Jahren ernst nehmen und mit den Vorschlägen für eine professionelle Pflege in Deutschland verbinden und diese umsetzen“. Die Rezepte, so der Staatssekretär, lägen auf dem Tisch, sie müssen nur umgesetzt werden.

Abschließend appelliert er für mehr Mut zur Veränderung und warnt vor dem Einsatz des Wortes aber.  Der Satz, der häufig erwidert werde, wenn neue Ideen und Vorschläge eingebracht werden, sei: „Das ist ja eine ganz gute Idee, aber…“. Dieses Wörtchen, so Westerfellhaus, mache so viel kaputt und man kommt nicht weiter. Deshalb solle man sparsam mit dem Wort aber sein.

Mit Mut, Politik, Pflegenden und pflegenden Angehörigen sowie Engagement in Verbänden könne man diese Veränderungen umsetzen. Deshalb appelliert er, dass sich Pflegende in Verbänden und Gewerkschaften einbringen.

Der Bochumer Bund

Mit Benjamin Jäger war dieses Jahr erstmals ein Vertreter der Pflegegewerkschaft Bochumer Bund auf der Fortbildung für Pflegende. Der Bochumer Bund hat derzeit 1700 Mitglieder, richtet sich an beruflich Pflegende und ist bundesweit aktiv. Gegründet wurde die Gewerkschaft im Mai 2020. Ziel ist das gesamte Spektrum der Pflegesettings abzudecken und dort für tarifliche Bezahlung zu sorgen.

Jäger ging in seinem Vortrag vor allem auf die Wünsche und Forderungen ein, die Pflegende in Bezug auf die beruflichen Rahmenbedingungen haben. Aus seiner Erfahrung sei es den Mitgliedern des Bochumer Bundes wichtig, dass sie einen zuverlässigen Dienstplan haben inklusive einer 14- tägigen Wochenend- und Nachtdienstplanung, was in der Praxis eher nicht der Fall sei. Dort seien häufige Änderungen an der Tagesordnung. Desweiteren werden flexible Arbeitszeitmodelle mit einer vereinbarenden Work-Life-Balance gefordert. Pflegende arbeiten in Schichten, die sozial unverträglich sind. Deshalb bräuchte es dort eine höhere Summe an Schmerzensgeld, so Jäger. Zudem sollte es laut des Bochumer Bundes Sonderzahlungen für Flexibilität geben, wenn Pflegekräfte den Dienst in der Nacht und am Wochenende tauschen und für Kolleg*innen einspringen.

Im Bereich des Personalmanagements sei die Einhaltung der Personaluntergrenzen einzuhalten. Der Bochumer Bund fordert deshalb eine Sollbesetzung anstatt einer Untergrenze, da die Sollbesetzung  auch die Personen einkalkulieren muss, die eventuell krank werden, oder aus anderen Gründen nicht zum Dienst erscheinen. In diesem Zusammenhang wird ausreichendes Personal für eine qualitative Patientenversorgung gefordert. Viele Fachkräfte hören auf, weil sie die Qualität nicht mehr halten können, weil alles schnell schnell gehen müsse, so Jäger.

Neben einem angemessenen Gehalt wünschen sich die beruflich Pflegenden zudem mehr  Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. „Von der Arbeitgeberseite kommt proaktiv eher selten etwas“, so Jäger. Zudem müssen die Fortbildungszeiten als Arbeitszeiten gelten.

Zum Thema Fort- und Weiterbildung äußerte sich auch Carsten Drude in seinem Vortrag über die generalistische Ausbildung und ermutigte die Pflegenden, sich ruhig einmal zu trauen eine 24 Stunden Fortbildung, wie bspw. den Deutschen Pflegetag zu besuchen. Das Geld dafür sei im System vorhanden, so Drude.

Zu einem guten Arbeitsumfeld, so Jäger weiter, zähle neben einer Kinderbetreuung auch ein gesundes Essensangebot in der Kantine oder auch auf Station. „Ich will lieber einen Teller mit frischem Obst im Stationszimmer stehen haben, anstatt zahlreiche Packungen merci oder Mon Cheri“, so Jäger.

Das subjektive Gefühl unter den Pflegenden, die bereits in der Gewerkschaft aktiv sind, sei, dass Respekt und Wertschätzung nicht gegeben seien, so Jäger weiter.

Jäger appelliert an die Pflegenden: „Wir müssen uns in Gewerkschaften organisieren und Kollegen mit motivieren, sich über Fachzeitschriften anstatt über YouTube, facebook und Telegram zu informieren!“

 

 

„Na dann mal viel Spaß in der Höhle der Löwen“

Alica Steenken ist Studentin des dualen Studienganges Pflege, der mit einem doppelten Abschluss abschließt: dem Bachelor of Science und dem staatlichen Examen in der Pflege. Das Studium besteht aus praktischen und theoretischen Einheiten. Die Praxisphase absolviert Alica Steenken am Klinikum Oldenburg, den Theorieteil an der Hochschule Osnabrück und der Pflegeschule Quakenbrück.

Nachdem Steenken in ihrer Praxisphase bereits auf verschiedenen Stationen am Klinikum Oldenburg eingesetzt wurde, wollte sie im 6. Semester ein Auslandssemester machen. Aufgrund der Pandemie war das allerdings nicht möglich. Deshalb hat sie geschaut welche Möglichkeiten es innerhalb des eigenen Hauses geben könnte. Um über den Tellerrand ihres Studiums hinaus schauen zu können, hat sie sich in der Pflegedirektion des Klinikums Oldenburg, die seit Anfang des Jahres von Sabine Brase geleitet wird, für ein 10 wöchiges Praktikum entschieden. Sie habe sich einfach mal beworben und Sabine Brase habe sie genommen, so Steenken.

Die Reaktionen der Kommiliton*innen von Steenken darauf, dass sie ein Praktikum in der Pflegedirektion machen wird, waren sehr unterschiedlich. Von Zuspruch und Staunen bis zu dem Satz: „Na dann mal viel Spaß in der Höhle der Löwen“.

Gleich an ihrem ersten Arbeitstag in der Pflegedirektion durfte sie an der täglichen Besprechung, an der alle Bereichsleitungen und Kollegen aus den Stabsstellen teilnehmen, dabei sein.

Für Sabine Brase ist es ein stückweit Normalität Praktikant*innen und Studierenden die Möglichkeit zu geben Einblicke in die Arbeit der Pflegedirektion zu ermöglichen. Als Brase selbst in ihrer Beruflichen Laufbahn in die Pflegedirektion gewechselt ist, habe sie keine Vorstellung davon gehabt, was man dort eigentlich macht, deshalb sei ihr Anliegen, dass man diese Arbeit transparenter macht und dem Nachwuchs Einblicke gewährleistet.

Steenken konnte Frau Brase bei all ihren Terminen begleiten und konnte u.a. Erfahrungen im Führungs- sowie im Veranstaltungsmanagement und Präsentieren machen.

Alica Steenken hatte zudem die Möglichkeit im Rahmen eines Digitalisierungstages am Klinikum Oldenburg mit dem Roboter Pepper und dem Therapieball „ietsche“ auf die Unfallstation zu gehen und dort zu erleben wie Patient*innen und Personal auf diese digitalen Begleiter reagieren. Den digitalen Therapieball hatten Brase und Steenken auch zur Fortbildung für Pflegende mitgebracht und dieser spielte sich bereits während des Vortrags in den Vordergrund, in dem er einfach anfing zu sprechen und zu leuchten.

Die Patienten waren sehr begeistert von der Robotic, so Steenken. „Sie sagten bspw. dass sie noch nie so tollen Besuch, wie von dem Roboter Pepper gehabt hätten“. Der Therapieball erzählt Witze, spielt Musik, leuchtet in verschiedenen Farben, erzählt Rätsel. Eine besonders eindrucksvolle Begegnung haben sie bei einem Demenzpatienten gemacht, so Steenken weiter, der nicht mehr auf menschliche Ansprache reagierte, aber als er den Therapieball in der Hand hatte und dieser eine Melodie abspielte, summte der Patient mit und bewegte sich dazu. Nach dieser Schlüsselbegegnung entschied sich das Klinikum dazu, zwei dieser Therapiebälle zu kaufen und auf Station einzusetzen.

Was hat die Pflegedirektion von der Praktikantin?

Diese Frage hört Sabine Brase öfters. Für Brase ist besonders relevant, was junge Pflegende antreibt, hält und bildet und was sie brauchen, um sich weiter zu entwickeln. Dazu zählen u.a.:

  •  Freiheit, selbstbestimmt zu arbeiten (Beruf & Freizeit)
  •   Angenehme Arbeitsverhältnisse (tolle Teams)
  •   Gelegenheit, es zur Meisterschaft zu bringen (berufliche Perspektiven)
  •    Angemessene und faire Grundvergütung
  •    Herausragendes im bestimmten Bereich zu leisten
  •    Aufgaben, die einem höheren Zweck dienen (persönliche Entwicklung)
  •    Kultur, die diesen Bedürfnissen gerecht wird

Auf die Frage, ob sich Alica Steenken vorstellen kann, mal in eine Leitungsposition zu gehen, sagte sie, dass sie nach ihrem Studium erst einmal auf Station am Patienten arbeiten wolle.

Magnet- und Leuchtkraft

Eine Möglichkeit ein attraktiver Arbeitgeber werden und somit auch eine bessere Versorgung leisten zu können, ist der Weg zum Magnetkrankenhaus. Das Prinzip des Magnetkrankenhauses stellte Joachim Prölß am Beispiel des UKE´s vor, das sich derzeit zusammen mit anderen deutschen Kliniken auf dem Weg zu einer Magnet Zertifizierung befindet.

Eine kurze Umfrage im Saal über Slido ergab, dass 75 % der Teilnehmer*innen nicht wissen was ein Magnetkrankenhaus ist.

Prölß vergleicht die Magnetkraft, die ein Krankenhaus nach diesem Konzept erlangen will, mit einem Leuchtturm, der von innen strahlt und nach außen leuchtet. Das heißt, nur wenn das innere des Krankenhauses gut aufgestellt ist, also gute Arbeitsbedingungen herrschen und eine qualitative hochwertige Gesundheitsversorgung vorliegt, kann es von innen leuchten und besitzt die Strahlkraft nach außen, sodass Patient*innen sowie medizinisches Fachpersonal Interesse daran haben, an diesem Krankenhaus mitzuarbeiten bzw. sich dort behandeln zu lassen.

Diese Krankenhäuser entwickeln sozusagen eine Magnetkraft/ eine Anziehungskraft, deshalb der Name Magnetkrankenhäuser. Damit eine Klinik diese Auszeichnung bekommt, sei es ein langer Weg, auf dem verschiedene Komponenten umgesetzt werden müssen, so Prölß. Das Magnetmodell fußt auf fünf verschiedenen Komponenten, die aus 14 Magnetkräften bestehen.

Diese fünf Komponenten sind:

  • Empirische Outcomes. Das Modell besteht auf Messungen von qualitativen und quantitativen Daten. Das KH muss beweisen, dass es die Standards erfüllt
  • Führung und Hierarchieübergreifende gute Zusammenarbeit
  • Strukturelles Empowerment, Pflege soll an den organisatorischen Strukturen und Strategien beteiligt sein. Gute Ausbildung der Führungsebene.
  • Pflegepraxis. Sicherstellung einer hochwertigen und qualitativen Versorgung.
  • Neues Wissen und Verbesserung. Das ganze große Thema der Bildung gefasst.

Um die Zertifizierung zu erlangen, müssen alle Komponenten und Magnetstärken mit allen Inhalten erfüllt werden, so Prölß. Das sei ein langer Weg, da sich eine Kultur im Unternehmen verändern müsse.

In Europa gibt es derzeit drei anerkannte Magnetkrankenhäuser, weltweit insgesamt 570. Das Konzept kommt ursprünglich aus den USA, dort wurde es in den 1980er Jahren entwickelt. Dort herrsche ein hoher Standard, so Prölß, der in der EU schwer umsetzbar sei.

Der Blickwinkel von Magnetkrankenhäusern liegt auf Patient*innen und Mitarbeiter*innen, beide sollen zufrieden sein.

Wenn ein Krankenhaus nach dem Magnetkonzept zertifiziert wurde, gibt es dort eine bessere Berufszufriedenheit und weniger Burnout Fälle sowie ein herausragendes Outcome für die Patient*innen, so Prölß. Daran zeigt sich, dass sich zufriedenen Patient*innen und Personal gegenseitig bedingen, so Prölß weiter. Die Reputation des Hauses ändert sich mit der Auszeichnung. Die Zertifizierung erfolgt ausschließlich durch die Behörde ANCC.

Auf die Frage, ob Joachim Prölß ganz persönlich glaube, dass ein deutsches Krankenhaus solch eine Magnetzertifizierung bekommt, antwortet er, dass er für das UKE skeptisch sei, dass sie überhaupt die Zertifizierung bekommen, was aber auch an der Größe des UKEs läge, aber das RKU in Ulm, so Prölß, könnte das vielleicht schaffen. Aber er ist sich sicher, dass man etwas ähnliches wie Magnet in den nächsten Jahren in Deutschland haben werde.

Prölß appelliert zum Schluss seines Vortrages an die Anwesenden, diese Idee des Magnetkrankenhauses mit in ihre Einrichtungen zu nehmen, um darüber zu diskutieren. Es ginge nicht darum gleich zum Magnetkrankenhaus zu werden, sondern über die Kultur des Hauses nachzudenken und nach Verbesserungen zu schauen.

 

Pflege deinen Humor

Matthias Prehm sprach über den Platz des Humors im Alltag auf der Station bzw. im Beruf und ist sich sicher, dass man Humor als Haltung einnehmen kann. Man müsse Missstände nicht besonders witzig finden, vor allem, wenn solche Zustände über einen längeren Zeitraum bewältigt werden müssen, sondern man sollte sich Fragen, so Prehm, wie lange man sich damit beschäftigen möchte und wie schnell man sich wieder aufrichten kann, nach einer stressigen und belastenden Situation.

Akzeptanz und stabile soziale Faktoren sowie das schauen nach Lösungen und Teil der Lösung sein, sind ganz wichtige Resilienzfaktoren, so Prehm. Auch Selbstwirksamkeitsüberzeugung zähle dazu. Denn „wenn ich davon überzeugt bin, dass mein Handeln etwas bewirkt, dann geht es mir auch besser“.

Prehm appellierte an die Teilnehmer*innen, dass sie sich selbst jeden Tag aufs Neue fragen sollen „was kann ich für mich selbst tun?“ Sollte man seine Haltung ändern oder lieber beibehalten?

Humor sei ein guter Begleiter im Berufsalltag, jedoch funktioniere Humor nicht ohne Respekt und Wertschätzung, so Prehm. Guter Humor ende dort, wo Witze auf Kosten anderer gemacht würden. Gerade als Pfleger*in müsse man aufpassen welche Witze man mit Patient*innen mache und welche über einen selbst gemacht werden, man solle keine Respektlosigkeit tolerieren, so Prehm.

Deshalb sagt er: „Witz ist der Schaum an der Oberfläche, Humor ist die Perle in der Tiefe“. Für Humor brauche man Intelligenz und Einfühlungsvermögen. Egal wie lange man in seinem Beruf sei, so Prehm, jeder Mensch habe seinen eigenen Selbstwert und es verdient, dass man mit ihm und ihr respektvoll umgeht und in einem angemessenen Ton spreche, so Prehm. Das sei die Basis auf der Humor funktioniere. Humor ohne Respekt würde nicht gelingen. Man solle es sich wert sein und den Mut aufbringen, auch einmal zu sagen „Nein, nicht in diesem Ton“, so Matthias Prehm weiter.  Denn niemand strahle heller, indem er andere in den Schatten stelle. Jeder Mensch habe seine Stärken und das Umfeld entscheide ob die umgesetzt werden können oder nicht, so Prehm.

Matthias Prehm forderte die Teilnehmer*innen auf, auf ihren persönlichen Akku zu achten und diesen vielleicht mal mit etwas mehr Humor aufzuladen und mal selbst der Grund sein, weshalb jemand anderes lächelt. Einmal selbst zum Leuchtturm werden, der von innen leuchtet und nach außen strahlt.

Like it or not

Carsten Drude lieferte auf der Fortbildung für Pflegende eine Halbzeitbilanz der generalistischen Pflegeausbildung. Dazu zeigte er den Grundgedanken der Generalistik auf, der ursprünglich vorgesehen habe, dass man einen Weg gehen kann, nämlich nach einer 10 jährigen Schulausbildung eine Pflegeausbildung beginnt, die durch alle Pflegebereiche führt und am Ende der Ausbildung den Abschluss Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann erlangt.

Mittlerweile gibt es allerdings im Rahmen der generalistischen Ausbildung fünf verschiedene Wege und drei verschiedene Abschlüsse, die man wählen kann. Ob man daraus Vorteile oder Nachteile zieht, bzw. ob man es mag oder nicht (like it or not) überlässt Drude jedem selbst.

Drude betont, dass die Umsetzung der Generalistik nicht damit getan sei, einen neuen Aufkleber auf den Lehrmittelordner zu kleben, sondern auch die Lehrinhalte überarbeitet. Die Schulen müssten jede einzelne Lerneinheit anschauen und überarbeiten. Das sei noch ein weiter Prozess. Die Zwischenbilanz, so Drude, sei allerdings weitestgehend positiv und würde im Grunde gut funktionieren. Dieses Feedback bekäme er aus seiner Pflegeschule.

Was laut Drude nicht gelungen sei, ist die Ausbildung in allen Bundesländern gleich zu stellen. Das sehe man besonders bei der Finanzierung und der Bezahlung der Ausbildung. Deshalb plädiert Drude dafür, dass die Helferberufe bundeseinheitlich bezahlt werden sollten.

Entlassmanagement

Helmut Zeilfelder stellte den Rahmenvertrag Entlassungsmanagement vor. Ziel des Vertrages sei, so Zeilfelder das Sektoren- oder Kästchendenken, wie es Westerfellhaus genannt hatte, zu überwinden. „Ziel des Rahmenvertrages ist es, die bedarfsgerechte, kontinuierliche Versorgung der Patienten im Anschluss an die Krankenhausbehandlung zu gewährleisten.“ So steht es laut Zeilfelder im Vertrag.

Die Rolle der Pflegenden beim Entlassmanagement ist klar definiert, so Zeilfelder und besteht darin, dass das Pflegepersonal die Prozesskriterien erfüllen, die darin bestehen, dass zum einen der erwartbare poststationäre Versorgungsbedarf innerhalb von 24 Stunden eingeschätzt werden muss, dass die Entlassungsplanung im multiprofessionellen Teams in Abstimmung mit den Patienten und deren Angehörigen von statten geht. Zum anderen muss der Patient und gegebenenfalls auch seine Angehörigen laut Vertrag informiert, beraten und geschult werden, damit er die poststationären Erfordernisse auch umsetzen kann. In diesem Zusammenhang sollte auch das Wissen der Patienten und Angehörigen evaluiert werden. Außerdem muss die Entlassung terminiert werden in Abstimmung mit internen und externen Abläufen.

Ein Punkt, der laut Zeilfelder wahrscheinlich keine*r der Pflegenden regelmäßig erfüllen kann ist die Kontaktaufnahme mit dem Patienten oder der Versorgungseinrichtung 48-72h nach der Entlassung. Eine kurze Frage in den Saal von Zeilfelder, wer das von den Anwesenden mache, meldete sich niemand. Genau das wäre allerdings wichtig um, so Zeilfelder, die eigenen Berufstätigkeit zu überprüfen und ständig zu verbessern. Er sieht die Pflege als zentralen Player, wie die Spinne im Netz, weil sie wissen welche Qualität wo und wann gebraucht wird und deshalb sollten die Informationen über den Patienten und dessen Versorgung bei der Pflege zusammenlaufen.

„Wir brauchen Sie in diesem Projektmanagement“ so Zeilfelder an die Pflegenden auf der Fortbildung für Pflegende und verweist noch einmal auf das gute Beispiel, das mit Alica Steenken und ihrem Praxisbericht aus der Pflegedirektion zu sehen war. 

Corona-Bedingungen

Die Veranstaltung fand unter der sogenannten 3G-Regel statt, alle Teilnehmenden wurden vor Beginn der Fortbildung überprüft, ob sie geimpft, genesen oder getestet waren. Zusätzlich galt Maskenpflicht auf den Gängen und wenn man sich von seinem Platz wegbewegte.

Startup Pitch Session kam gut an. 

Die 43. Fortbildung für Pflegende gab erstmals auch Startups die Chance ihre Produkte für die Pflege vorzustellen. Im Rahmen dieser PitchSession wurde ein Publikumspreis gekürt. Die Berichterstattung über die Nursingpitchsession der Veranstaltung finden Sie ebenfalls im Newsroom.